Militärisch-industrieller Komplex
Der Begriff Militärisch-industrieller Komplex wird in gesellschaftskritischen Analysen zur Beschreibung der engen Zusammenarbeit und der gegenseitigen Beziehungen zwischen Politikern, Vertretern des Militärs sowie Vertretern der Rüstungsindustrie verwendet. In den USA gelten Denkfabriken (think tanks) als mögliche weitere involvierte Interessengruppe. Der Begriff wurde 1956 durch den amerikanischen Soziologen Charles Wright Mills geprägt, der in seinem Buch The Power Elite (Die amerikanische Elite: Gesellschaft und Macht in den Vereinigten Staaten) die engen Interessenverbindungen zwischen Militär- und Wirtschaftsführung sowie der Politikerelite im Amerika der 1950er Jahre darstellte. Mills sah darin eine ernsthafte Bedrohung für den demokratischen Staatsaufbau.Popularität erlangte der Begriff durch den US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower, der in seiner Abschiedsrede vom 17. Januar 1961 ausdrücklich vor den Verflechtungen und Einflüssen des militärisch-industriellen Komplexes in den USA warnte. Eisenhower, der selbst einst hochrangiger Militär war, sah wie Mills den Militär-industriellen Komplex als eine Gefahr für die demokratischen Institutionen und die Demokratie an. Durch die Einwirkung dieses Komplexes auf Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft könne die politische Führung veranlasst werden, Konflikte eher militärisch als politisch lösen zu wollen und damit als verlängerter Arm der Lobby der Rüstungsindustrie agieren:"Wir in den Regierungsräten müssen uns vor unbefugtem Einfluß -- beabsichtigt oder unbeabsichtigt -- durch den Militär-Industrie-Komplex schützen. Das Potential für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, daß die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen. Nur wachsame und informierte Bürger können das angemessene Vernetzen der gigantischen industriellen und militärischen Verteidungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit zusammen wachsen und gedeihen können."Von einem militärisch-industriellen Komplex wird gesprochen, wenn es in einer Gesellschaft Phänomene dieser Art gibt:ausgeprägte Lobby-Arbeit von Vertretern der Militärindustrie, zahlreiche persönliche Kontakte zwischen Vertretern des Militärs, der Industrie und der Politik, intensiver Personalaustausch zwischen den Führungspositionen von Militär, Wirtschaft und staatlicher Verwaltung, insbesondere wenn Vertreter des Militärs oder der Politik auf wesentlich besser dotierte Posten in dieser Industrie wechseln, intensive, durch staatliche Aufträge maßgeblich gestützte Forschung im Bereich neuartiger Waffensysteme, gezielte Beeinflussung demokratischer Kontrollgremien und der öffentlichen Meinung durch eine übersteigerte Sicherheitsideologie. In der Bundesrepublik Deutschland ist der Begriff Militärisch-industrieller Komplex im Zusammenhang mit der Starfighter-Affäre unter Verteidigungsminister Strauß verwendet worden. Heute wird er eher selten verwendet, da die – beispielsweise im Fall Holger Pfahls offenkundig gewordene Verknüpfung von Politik und Wirtschaft heute als Problematik gesehen wird, die nicht nur auf die Rüstungsindustrie beschränkt ist.
http://www.wri-irg.org/nonviolence/br67berrigan-de.htm